Wie sich Schliersee um die olympische Ruderregatta 1972 "bewarb"

Wie man eine "Zeitungsente" erfolgreich zum Schwimmen bringt.

Bei der Veranstaltung am 5. Oktober 2018 im Bauerntheater zum 100jährigen Markterhebung von Schliersee wurde auch die Bewerbung von Schliersee zur Austragung der Ruder-Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen 1972 in Schliersee erwähnt. Das Ganze war aber von Anfang an nichts anderes als die gutgelungene Platzierung einer sog. "Zeitungs-Ente".

 

Verrückte Idee - Bürgermeister hatte nicht geringste Ahnung

In den 1960er-Jahren war ich nach meiner Wehrdienstzeit als Markenbetreuer in der Beratungsabteilung in einer großen Werbeagentur (Carl Gabler) in München tätig. Gleichzeitig war ich Schriftführer beim Fremdenverkehrsverein Schliersee und die „rechte und linke“ Hand vom  Vorsitzenden Friedl Wegmann, sen. Der FVV war selbstverständlich auch mit zahlreichen Vorbereitungsarbeiten, Vermietermotivation, Rahmenprogramme etc. befasst. Meinem damaligen Agentur-Kollegen Helmut Steinbühler, mit dem ich heute noch im Kontakt bin, erzählte ich ausführlich, was da bei uns in Schliersee so im Gange wäre. Da kamen wir auf die verrückte Idee eine „Ruderregatten-Bewerbung“, von der nicht einmal der damalige Bürgermeister Ludwig Bachhofer auch nur die geringste Ahnung hatte, als Pressemeldung zu lancieren. Wir riefen also die Sportredaktion der „Süddeutschen Zeitung“ an und teilten denen mit, dass wir aus sicherer Quelle wüssten, dass Schliersee sich ernsthaft um die Ausrichtung der Ruderbewerbe bemühen würde. Die Voraussetzungen dafür wären geradezu ideal, natürlich auch die Streckenlänge. Auch man könne damit enorme Kosten sparen. Das war irgendwie einleuchtend. Das Thema wurde sogar auch unmittelbar in den Gremien ernsthaft, aber auch kontrovers diskutiert und in kurzer Zeit deutschlandweit in allen großen Presseorganen publiziert.

 

Feuer und Flamme für "Ruderoylmpiade" im Schliersee

Gleichzeitig habe ich Bürgermeister Bachhofer darüber unterrichtet, dass man sich über eine Ruderregatta im Olymp. Komitee Gedanken mache. Er war davon spontan sehr angetan, weil es so oder so auf jeden Fall eine große und kostenlose Werbung für unseren Ort wäre. Auch der Ehemann meiner Taufpatin, Gustl Berauer, ehem. Weltmeister der Nordischen Kombination und damals  DSB-Mitglied, war Feuer und Famme. Er konnte sich für die Idee einer Ruderregatta im Schliersee sichtlich erwärmen. Im Gegensatz zum Ruderer-Chef Karl Adam, der das Ganze als einen "Bayern-Streich" abqualifizierte. Aber so ist es dann auch gelaufen. Siehe Anhang mit Ausschnitten aus der BILD (Titelseite) vom 4.8.1968. Ähnliche Artikel über dpa in allen großen Tageszeitungen von Kiel bis Berchtesgaden.

 

Fazit: Es blieb bei dieser "Zeitungs-Ente". Letztendlich waren wir Schlierseer (ich mit eingeschlossen) unendlich froh, dass aus dieser „Schnaps-Idee“, die tatsächlich starke Veränderungen unserer schönen Landschaft hervorgerufen hätte, nichts wurde. Die Regatta-Strecke wurde in Schleißheim angelegt. Wir Schlierseer hatten dann 1972 ohnehin den Ort „bis oben voll“.

 

Da sieht man, dass es oft nur eines kleinen Anstoßes bedarf, um alte, teilweise schon verschüttete Erinnerungen wieder wachzurufen.